Australien: Flagge der Aborigines endlich Gemeingut

25. Januar 2022

Australien: Flagge der Aborigines endlich Gemeingut

Australiens Ureinwohner sind stolz auf ihre Flagge, die die Menschen (schwarz), ihre spirituelle Verbindung zur Erde (rot) und die Sonne (gelb) repräsentiert. Doch ein Copyright-Streit ließ das vereinende Element zum Zankapfel werden. Nun hat die australische Regierung eingegriffen.

Der Copyright-Streit um die Flagge der australischen Aborigines ist endlich beigelegt: Die australische Regierung hat das Urheberrecht gekauft, um die Flagge endlich zum Allgemeingut zu machen.

Die Flagge der Aborigines hat ein markantes Design und ist von Weitem sichtbar, wenn sie mit ihrem charakteristischen schwarz-roten Hintergrund und dem gelben Kreis im Wind weht. Die australischen Ureinwohner sind stolz auf ihre Symbolkraft, die indigene Politikerin Linda Burney ließ sich die Flagge sogar auf ihren Oberarm tätowieren. Auf Twitter schrieb sie einst: „Die Flagge der Aborigines ist ein Symbol, das verbindet.“

Eine der offiziellen australischen Flaggen

Die Flagge der Aborigines bei einer Veranstaltung in Sydney
Die Flagge der Aborigines bei einer Veranstaltung in Sydney

Früher war die Flagge ein Zeichen des Protests, doch heute ist sie eine der offiziellen australischen Flaggen. Sie steht für sämtliche indigenen Völker im Land, nur die Bewohner der Torres-Strait-Inseln haben eine eigene Flagge. Bisher war jedoch nur wenigen Menschen bewusst, dass die Flagge urheberrechtlich geschützt war. Dies bedeutete, wer die Flagge nutzen wollte, um sie auf Kleidung oder anderen Waren zu reproduzieren, musste dies teuer bezahlen – selbst indigene Unternehmen und Organisationen.

Der Entwurf der Flagge wurde erstmals 1971 zum Nationalen Tag der Aborigines in Adelaide vorgestellt. Ein Jahr später kam das Design in der Aboriginal Tent Embassy zum Einsatz, in der Aborigines-Vertreter vor dem Parlamentsgebäude in Canberra für indigene Rechte kämpften. Zur offiziellen Flagge der australischen Ureinwohner wurde das Design aber erst 1995. Zwei weitere Jahre dauerte es, bis ein australisches Bundesgericht entschieden hatte, wer der wahre Künstler hinter dem Design ist. Das Urheberrecht wurde schließlich dem indigenen Künstler Harold Thomas zugesprochen. In einem aktuellen Meinungsstück im „Sydney Morning Herald“ schrieb Thomas, dass er die Flagge einst „als Symbol für Einheit und Stolz“ geschaffen habe.

Symbol wurde „als Geisel gehalten“

Doch in den vergangenen Jahren gab es immer wieder Streitigkeiten um das Copyright der Flagge. Einige Sportveranstaltungen beispielsweise erhielten von der Firma, die es zeitweise gemietet hatte, eine Unterlassungserklärung, nachdem sie das Flaggendesign auf ihren Trikots verwendet hatten. Auch das kleine indigene Modelabel Clothing the Gap, das Gewinne in die Gesundheitsförderung von Aborigines-Gemeinden steckt, wurde angemahnt. Empört über die rechtliche Bedrohung startete die Inhaberin der Firma 2020 eine Kampagne mit dem Titel „Free the Flag“ oder übersetzt „Befreit die Flagge“. Die indigene Politikerin Linda Burney sagte damals sogar, das Symbol werde „als Geisel gehalten“.

Linda Burney im Jahr 2017
Linda Burney im Jahr 2017

Die Situation ist nun gelöst worden, indem die australische Regierung laut lokaler Medienberichte mehr als 20 Millionen Australische Dollar oder umgerechnet 12,6 Millionen Euro für das Copyright der Flagge bezahlt hat. Damit kann die Flagge von jedem – ohne Angst vor rechtlichen Konsequenzen – reproduziert werden. „Jetzt, da das Commonwealth das Urheberrecht besitzt, gehört es allen, und niemand kann es wegnehmen“, sagte Ken Wyatt, Australiens Minister für die indigene Bevölkerung.

Umstrittenes Timing

Einige australische Ureinwohner hinterfragten jedoch den Zeitpunkt des Kaufes. Denn am Mittwoch begeht Australien seinen Nationalfeiertag. Der Tag ist seit langem umstritten, da er die Ankunft der „Ersten Flotte“ aus Großbritannien im Jahr 1788 markiert. Vor allem viele indigene Australier sprechen deswegen eher vom „Invasion Day“ – also dem Tag, an dem ihr Land von den Briten eingenommen wurde.

Die indigene Künstlerin Rachael Sarra warf dem australischen Premierminister Scott Morrison dann auch in einem Post auf Instagram vor, mit dem Schritt von dem ablenken zu wollen, weswegen die Ureinwohner jedes Jahr wieder protestieren würden. „Das Urheberrecht gehört derselben Regierung, die unser Land weggenommen und davon profitiert hat und derselben Regierung, die unsere Kinder weggenommen hat“, schrieb Sarra und verwies damit auf die sogenannten gestohlenen Generationen hin, die von der australischen Regierung im vergangenen Jahrhundert über Jahrzehnte hinweg gewaltsam aus ihren Elternhäusern entfernt und in Waisenhäuser und Institutionen gebracht worden waren.

Text und Fotos: Barbara Barkhausen, Sydney