

07. Mai 2025
Litauen: Der Berg der Kreuze
Die rekordverdächtige Sehenswürdigkeit in der Nähe von Šiauliai darf auf fast keiner Litauen-Reise fehlen. Warum sich ein Besuch dieses einzigartigen Ortes trotz gelegentlicher Besucherströme lohnt, hat mit seiner Entstehung zu tun.
Der große Parkplatz neben der A12 Richtung Riga gibt es preis: Zum Berg der Kreuze kommen viele Touristen, auch mehrere Reisebusse können hier halten. Alle wollen die unzähligen Kreuze sehen, die auf einem Hügel nördlich von Šiauliai stehen: winzige und große, aus Holz, Metall oder Plastik, gekauft oder gebastelt, kunstvoll verziert oder ganz schlicht. Laufend kommen neue dazu. Die Pilgerstätte ist dadurch ständig im Wandel und lohnt einen (weiteren) Besuch.

Vom Parkplatz, wo es eine Touristeninformation mit Souvenirshop gibt, ist es nur ein kurzer Weg von rund 500 Metern zum Berg der Kreuze. Errichtet wurde er auf einem kleinen Hügel, auf dem im Mittelalter eine hölzerne Burg gestanden hatte. 1348 wurde sie von der livländischen Armee zerstört und nicht wieder aufgebaut. Die ersten Kreuze sollen Mitte des 19. Jahrhunderts aufgetaucht sein. Da es unter der Zarenherrschaft nicht erlaubt war, Kreuze zu Hause zu haben, wurden sie stattdessen hier aufgestellt. Der Hügel wurde immer mehr zum Pilgerort: Nach dem Ersten Weltkrieg kamen ringsum bereits tausende Gläubige zur Messe zusammen. Ab 1944 versuchten die sowjetischen Besatzer vergeblich den Kreuzen Herr zu werden. So entwickelte sich die christliche Pilgerstätte auch zu einem Symbol für Widerstand, Hoffnung und Freiheit. Nach der Unabhängigkeit wurde der Berg der Kreuze weltweit bekannt, als Papst Johannes Paul II. ihm 1993 einen Besuch abstattete. Heute finden sich Kreuze von Pilgern aus aller Welt. Es könnten hunderttausende sein – ein Zählversuch von Studierenden der Universität Vilnius Anfang der 1990er-Jahre wurde bei 50.000 abgebrochen.

Wer diesen ungewöhnlichen Ort in Ruhe erleben will, sollte ihn beispielsweise vor oder nach den Öffnungszeiten der Touristeninformation erkunden. Gerade bei Sonnenauf- oder -untergang entsteht eine mystische Stimmung zwischen den Kreuzen. Da es nur wenige Unterkünfte in der direkten Umgebung gibt, sind dann nur wenige Touristen zugegen.

Der Berg der Kreuze ist das prominenteste, aber nicht das einzige Beispiel für die litauische Kunst des Kreuzmachens – eine Volkskunst, die 2008 von der UNESCO in die Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen wurde. Bereits seit dem 15. Jahrhundert haben die Litauer Kreuze aus Holz oder Metall angefertigt, um Gott Respekt zu erweisen, Dankbarkeit zu zeigen, um Gesundheit, Gnade oder Schutz vor Unglück zu bitten. Alte und neue Exemplare finden sich nach wie vor an Straßenrändern, auf Plätzen und in Kirchen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert entwickelte sich das Kreuz zu einem Symbol der nationalen Eintracht und Identität weiter und überlebte so die Besatzungszeiten. Beispiele aus allen Landesteilen sind im Freilichtmuseum Litauens bei Kaunas in Rumšiškės zu sehen.
Informationen:
- Lage: rund elf Kilometer nördlich von Šiauliai bei dem Dorf Jurgaičiai, GPS-Daten: 56.01527, 23.41611
- Website: siauliurajonas.lt/en_GB/lankytinos-vietos/kryziu-kalnas/ (in Englisch)
- Hinweise:
- Aus Brandschutzgründen ist es verboten, Kerzen auf dem Berg der Kreuze anzuzünden.
- Kreuze dürfen nicht entfernt oder versetzt werden, neue Holzkreuze die Höhe von drei Metern nicht übersteigen und bestehende Kreuze nicht beschädigen.
- Von Šiauliai führt ein Radweg parallel zur A12 zum Berg der Kreuze.
- Aktuelle Öffnungszeiten der Ausflugsziele in der Umgebung (z. B. Paintball, Zoo und Pferdemuseum) hat die Touristeninformation (Kontakt:
Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. ).
- Unterkünfte:
- Angelų Svetainė: kleiner Campingstellplatz mit Restaurant; Domantai, ein Kilometer vor dem Berg der Kreuze an der Straße 4033, angelu-svetaine.business.site
- Ferienhof Girele: zwei Kilometer vor dem Berg der Kreuze, sodybagirele.lt/en
Beitragsbild: Stimmungsvoller Abend am Berg der Kreuze. Foto von Christoph Schaarschmidt
Buchtipp: Baltikum - Litauen, Lettland, Estland - HeimatMomente
60 Tipps abseits der ausgetretenen Pfade
Man traut sich kaum, es zu schreiben: Dass es im Herzen Europas, an der Ostsee, drei Länder gibt, die noch nicht überlaufen sind. Wo man mit dem Camper unter Kiefern am Meer stehen und über dem Lagerfeuer kochen kann – ganz legal, versteht sich. Wo jeder Reisende seinen eigenen Lieblingssee zum Paddeln finden kann. Wo kreativ gestaltete Museen auf Besucher und herzhafte Nationalgerichte auf Testesser warten. Wo die Wälder voller Pilze und Beeren sind und manchmal ein Bär hindurchstreift. All das und noch viel mehr kann man in Litauen, Lettland und Estland entdecken. Neben kilometerlanger Ostseeküste und den drei sehenswerten Metropolen Vilnius, Riga und Tallin sind auch die Nationalparks, die Moorgebiete und Seenlandschaften eine Reise wert. Dieses Buch vereint 60 handverlesene Tipps von zwei Baltikumfans: die wichtigsten Sehenswürdigkeiten sowie herrliche Landschaften, idyllische Wanderwege, interessante Orte und spezielle Ausstellungen abseits der klassischen Routen. Alles ausgewählt nach dem Motto: „Da müssen wir nochmal hin!“
Über die Autoren: Mehr als drei Jahre waren Autorin Laura Kaiser und Fotograf Christoph Schaarschmidt auf Weltreise. Dabei haben sie oft die Touristenpfade verlassen und dort ein kleines Paradies entdeckt. Seitdem wollen sie andere Reisende davon begeistern, mehr als die bekanntesten Sehenswürdigkeiten zu besuchen – auch mit ihren „50 Highlights abseits der ausgetretenen Pfade“ in den kanadischen Rocky Mountains. Nun leben sie in Chemnitz und sind jedes Jahr zu ausgedehnten Streifzügen unterwegs, wiederholt auch im Baltikum. Ihre Texte und Fotos erscheinen in Zeitungen und Magazinen, im Internet sind sie unter „Bildbeilage“ zu finden.
Bibliographische Angaben:
- Taschenbuch: 296 Seiten, 287 Fotos, 8 Karten
- Verlag: 360° medien
- Auflage: 1. Auflage (15.12.2022)
- Preis: 16,95 €
- ISBN: 978-3-96855-308-5
- Bestellmöglichkeit im Buchhandel oder über den Verlagsshop: 360grad-medienshop.de/Baltikum