Die Zeitumstellung: eine Erfindung aus Neuseeland?

30. März 2020

Die Zeitumstellung: eine Erfindung aus Neuseeland?

Am Sonntag, dem 28. September, war es wieder einmal soweit: In Neuseeland wurden die Uhren von Winterzeit auf Sommerzeit, besser bekannt als „Daylight Saving“, umgestellt.

Mit dem Vordrehen des Zeigers um eine Stunde verschiebt sich damit der Zeitunterschied zwischen Mitteleuropa und Neuseeland auf elf Stunden – bis in Europa die Winterzeit beginnt, die den Zeitunterschied wieder auf die bekannten zwölf Stunden anhebt.
In der EU wurde lange über die Abschaffung der Sommerzeit diskutiert, 2018 gab es sogar eine Befragung aller EU-Bürgerinnen und Bürger über ihre Vorlieben. Aber wie ist das Konzept der Sommerzeit überhaupt entstanden?

Kaum jemand weiß, dass das Konzept des “Daylight Saving” zuerst ein Neuseeländer vorgeschlagen hat, der gern Käfer sammelte.

George Hudson war ein Hobby-Entomologe und Astronom und arbeitete im Hauptberuf für die Post in Wellington. Er wünschte sich mehr Zeit, um abends nach der Arbeit bei Tageslicht Käfer sammeln zu können. Deshalb schlug er im Jahr 1895 eine Zeitumstellung von zwei Stunden vor, um abends länger Sonnenschein zu haben. Sein Vorschlag wurde damals leider weithin ignoriert.

Die nächste Person, die eine Zeitumstellung vorschlug, war der Engländer William Willett; ein Zimmermann und zufällig der Ur-Urgroßvater von Coldplay-Sänger Chris Martin.

Willett schlug die Zeitumstellung im Jahr 1907 dem englischen Parlament vor. Er verkaufte seine Idee als Möglichkeit, die Leute davon abzuhalten, „Tageslicht zu verschwenden“. Um das zu erreichen, sollten nach seinem Plan an jedem Sonntag im September die Uhren in 20-Minuten-Schritten um insgesamt 80 Minuten zurückgestellt werden.

Trotz Unterstützung durch Society-Größen wie Sir Arthur Conan Doyle und Winston Churchill wies die englische Regierung die Idee der Zeitumstellung zurück.

Es waren schließlich die Deutschen und die Österreicher, die im Jahr 1916 die Sommerzeit als erste Länder in Europa einführten. Ihr Ziel war es aber nicht, die Menschen vom Verschwenden von Tageslicht abzuhalten oder ihnen das Käfersammeln zu erleichtern.

Die Sommerzeit führten Deutschland und Österreich ein, um Kerzen und Kohle zu sparen. Gleichzeitig dehnten sie damit den Arbeitstag um eine Stunde aus, was während des Ersten Weltkriegs als dringend nötig angesehen wurde. Ihre Idee stammte aber nachweislich von der Kampagne, die William Willett in England neun Jahre zuvor gestartet hatte.

Kurz darauf folgten Großbritannien, die USA und andere am Ersten Weltkrieg beteiligte Nationen dem Vorbild der Deutschen. In den USA war die Sommerzeit noch lange als „war-time“ bekannt. (Willett erlebte seinen Triumph leider nicht mehr, er war ein Jahr zuvor an der Grippe gestorben.)

Neuseeland führte “Daylight Saving” erst im Jahr 1927 ein; 32 Jahre, nachdem der Käferfreund Hudson sie vorgeschlagen hatte. Zu seinen Ehren stiftete die Royal Society of New Zealand 1933 die T.K. Sidey-Medaille, die Hudson (neben Ernest Rutherford) als erster Neuseeländer verliehen bekam.

Hudsons Insektensammlung, die größte in Neuseeland, ist heute im Besitz des Nationalmuseums Te Papa Tongarewa. Noch bis 1946 hatte Hudson an der Systematisierung der Insektenwelt Neuseelands gearbeitet; sein handschriftliches Kodiersystem, das er in drei Bänden aufgeschrieben hatte, soll nun durch ein Crowdfunding-Projekt entschlüsselt werden, um mehr über Neuseelands Insektenbestand zu erfahren.

(Jenny Menzel)